Der deutsche Mittelstand, ein entscheidender Bestandteil der Wirtschaft des Landes, sieht sich gegenwärtig mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert. Die Umsätze kleiner und mittlerer Unternehmen, oft als KMU bezeichnet, sind rückläufig. Gleichzeitig steigen die Gehälter der Beschäftigten, wodurch kaum finanzielle Mittel für notwendige Investitionen zur Verfügung stehen. Diese alarmierenden Trends wurden durch aktuelle Analysen von DATEV, die Daten von Millionen von Unternehmen und Arbeitnehmenden auswertet, aufgezeigt. Ein baldiges Besserung ist nicht in Sicht.
Die Ursachen dieser Probleme sind vielschichtig und resultieren aus einer Ansammlung struktureller Defizite. Deutschland hat traditionell durch Exporte Wachstum generiert, doch diese Exportzahlen sinken, da Wettbewerber entweder effizienter oder aufgrund hoher Energiekosten in Deutschland kostengünstiger produzieren. Auch die Innovationskraft des Landes hat spürbar nachgelassen.
Im Bereich entscheidender Technologien hat Deutschland, zusammen mit Europa, mittlerweile einen erheblichen Rückstand. Dies belegt der Critical Technology Tracker des Australian Strategic Policy Institute. Zudem tragen selbstverursachte Probleme maßgeblich zur Situation bei, wobei die übermäßige Bürokratie als eines der größten Hemmnisse genannt werden kann. In unserem Branchenbarometer wird der Abbau dieser Bürokratie als zentraler Hebel für den Erfolg kleiner und mittlerer Unternehmen identifiziert.
In den letzten Jahrzehnten hat Deutschland, ebenso wie die EU, die Prinzipien der Marktwirtschaft zunehmend vernachlässigt. Eine wachsende Flut an Regulierung versucht, jeden Aspekt des wirtschaftlichen Handelns zu regeln. Diese Überregulierung hat bestehende Strukturprobleme verschärft, die durch eine übermäßige Abhängigkeit von problematischen Exportmärkten verstärkt werden.
Die globale Situation verschärft die Krise zusätzlich: Von drohenden Zöllen auf deutsche und europäische Exporte bis hin zu Krisen und Konflikten in verschiedenen Regionen der Welt erleben wir seit einem Jahrzehnt ständig neue, oft ungünstige Marktbedingungen. Im Vergleich der OECD ist Deutschland eines der Länder mit der höchsten Steuer- und Abgabenlast. Die Aussicht auf eine Steuerreduktion auf 15 Prozent, wie sie von Donald Trump versprochen wurde, könnte dazu führen, dass Unternehmen sich fragen, warum sie in Deutschland bleiben sollten, wenn es anderswo vorteilhafter ist.
Trotz der genannten Probleme lohnt es sich, einen Blick auf die Stärken Deutschlands zu werfen. Der Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg war ohne eine marktwirtschaftliche Wende nicht möglich. Freiheit und Eigenverantwortung waren Schlüsselfaktoren für diesen Aufstieg, ebenso wie der Glaube an das Unternehmertum und dessen Innovationskraft.
Leider haben wir in den letzten Jahren die Überzeugung verloren, dass ein freier Markt effizienter funktioniert als ein überregulierter. Stattdessen haben immer mehr Vorschriften zu einem Anstieg des administrativen Aufwands geführt, was die Wettbewerbsfähigkeit und Innovationsfähigkeit der deutschen Wirtschaft negativ beeinflusst. Um diese Herausforderungen zu bewältigen, müssen die Prinzipien der Marktwirtschaft wieder in den Vordergrund gerückt werden, was grundlegende strukturelle Reformen und eine positive Neubewertung des Begriffs Deregulierung erfordert.
Im Jahr 2010 gab es auf Bundesebene rund 37.000 Einzelvorschriften. Bis 2024 stieg diese Zahl auf fast 46.000, was einem Anstieg von etwa 24 Prozent entspricht. In den letzten fünf Jahren hat die EU 13.000 neue Gesetze erlassen, während die USA in demselben Zeitraum nur 5.500 Gesetze verabschiedeten. Die Politik hat die Verantwortung, klare Prioritäten zu setzen und Konflikte zu lösen, was jedoch kaum noch erfolgt.
Stattdessen werden politische Entscheidungen oft auf die Unternehmen abgewälzt, die dann versuchen müssen, widersprüchliche Anforderungen selbst zu bewältigen. Der Bau von preiswertem Wohnraum wird durch ein komplexes und fragmentiertes Baurecht sowie durch die Mietpreisbremse erschwert. Die Politik sollte solche Konflikte im Vorfeld im Sinne von Gesellschaft und Wirtschaft klären.
Die zunehmende Komplexität der Gesetze ist kontraproduktiv, da viele Unternehmen die Vorschriften kaum noch verstehen können. Ohne juristische Expertise ist oft nichts mehr möglich. Während große Unternehmen mit Bürokratie relativ gut umgehen können, wird sie für kleinere Betriebe zum erstickenden Faktor. Die Angst, gegen Vorschriften zu verstoßen, hemmt Innovationen, die jedoch essenziell für die Stärke der Marktwirtschaft sind. Viele Unternehmen neigen dazu, gesetzliche Anforderungen übermäßig genau zu interpretieren, aus Angst vor Sanktionen.
Diese angstgetriebene Interpretation führt dazu, dass Unternehmen sich selbst zusätzliche bürokratische Hürden auferlegen, die wertvolle Ressourcen für administrative Aufgaben binden, die eigentlich in Innovationsprojekte fließen sollten. Anstatt neue Produkte zu entwickeln, verbringen Start-up-Gründer viel Zeit mit rechtlichen Fragen. Ein effektives Legislativmanagement ist erforderlich, um Gesetze hinsichtlich ihrer Auswirkungen und unerwünschten Folgen zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Für einige Regelungen könnten auch Ablaufdaten sinnvoll sein, damit die Politik aktiv entscheiden muss, ob diese verlängert werden sollten.
Die Herausforderungen sind vielfältig und müssen von der kommenden Regierung angegangen werden. Ein weiterer Aufschub von drei oder vier Jahren ist wirtschaftlich wie politisch nicht tragbar und könnte extremistische Strömungen stärken. Es bedarf struktureller Reformen, insbesondere in Bezug auf Steuer- und Abgabenlasten.
Die Forderung des BDI, die Unternehmenssteuer auf 25 Prozent zu senken, ist nachvollziehbar. Dennoch löst dies nicht die Probleme vieler kleiner und mittelständischer Unternehmen, die nicht der Körperschaftsteuer unterliegen. Auch die Einkommensteuer muss reformiert werden. Dies erfordert einen grundlegenden Sinneswandel in der Politik, weg vom Misstrauen gegenüber der Wirtschaft.
Unternehmerinnen und Unternehmer in KMUs tragen ein starkes Verantwortungsbewusstsein gegenüber ihren Mitarbeitenden und der Gesellschaft. Sie sollten die Freiheit haben, Entscheidungen innerhalb eines klaren, pragmatischen Rahmens zu treffen. Strenge Überwachung und detaillierte Vorgaben nehmen ihnen diese Flexibilität und belasten die Innovationskraft, die Deutschland als Wirtschaftsstandort benötigt.
Es ist wichtig zu betonen, dass wir keine detaillierten Listen von abzuschaffenden Vorschriften benötigen. Ein Regulierungsstopp ist ebenfalls nicht die Lösung. Was wir brauchen, ist ein neuer Pragmatismus, der dem Prinzip folgt: so viel Staat wie nötig, so wenig wie möglich. Wir sollten uns auf die bewährten Grundsätze besinnen, die den Aufstieg der deutschen Wirtschaft ermöglicht haben, und die Bürokratie auf ein notwendiges Maß reduzieren.
Die Politik sollte klare Ziele formulieren und priorisieren, beispielsweise im Hinblick auf den Klimaschutz. Gleichzeitig muss sie sich als Ermöglicher für die Wirtschaft positionieren. Die Wirtschaft sollte die Freiheit haben, selbst zu entscheiden, wie sie die von der Politik gesetzten Ziele im Wettbewerb umsetzt. Nur so können wir zu Wachstum und Wohlstand zurückfinden.