Ein umstrittener Schritt in der Migrationspolitik wurde unternommen: Flüchtlinge können nicht mehr darauf hoffen, ihre Familien bald nach Österreich zu holen, da ihre Anträge vorübergehend nicht bearbeitet werden.
Die österreichische Regierung hat die Möglichkeit, den Familiennachzug für Geflüchtete vorübergehend zu stoppen, um die Migration zu regulieren. Der Nationalrat hat eine Änderung des Asylrechts verabschiedet, die die Regierung dazu ermächtigt. Diese Maßnahme wird von der Koalition aus der konservativen ÖVP, der sozialdemokratischen SPÖ und den liberalen Neos als ein wichtiges Signal angesehen. In Österreich, ähnlich wie in Deutschland, ist das Thema Zuwanderung von großer Brisanz.
Innenminister Gerhard Karner von der ÖVP bezeichnet die Novelle als unerlässlich, um das Bildungssystem zu entlasten. In den letzten zwei Jahren sind über 17.000 Schutzsuchende nach Österreich gekommen, darunter viele Kinder im schulpflichtigen Alter. Karner verwies im Parlament auch auf die signifikante Zunahme von Jugendkriminalität in den letzten Jahren.
Die Regelung tritt in Kraft, sobald die Regierung und der Nationalrat der Meinung sind, dass die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet sind. Der Gesetzentwurf stieß auf viel Kritik und es bleibt unklar, ob er den EU-Rechtsvorschriften entspricht.
Flüchtlinge und deren Angehörige können weiterhin Anträge auf Familienzusammenführung stellen, jedoch sind die Behörden nicht mehr verpflichtet, die übliche Entscheidungsfrist von sechs Monaten einzuhalten. Ausnahmen gelten für Kinder ohne Bezugspersonen in ihrer Heimat sowie für bereits in Österreich befindliche Kinder und Jugendliche, deren Eltern noch im Herkunftsland leben.
Die rechtspopulistische FPÖ stimmte gegen die Novelle und argumentierte, dass der Familiennachzug lediglich verzögert, aber nicht vollständig gestoppt werde.
Im vergangenen Jahr stellten knapp 22.000 Menschen in Österreich einen Asylantrag, was den achtthöchsten Wert innerhalb der Europäischen Union darstellt. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der Anträge jedoch um 61 Prozent gesunken.