In einer eindrucksvollen Machtdemonstration hat der amtierende Präsident Zoran Milanovic bei der zweiten Runde der Präsidentschaftswahlen in Kroatien mit einer knappen Zweidrittelmehrheit sein Amt verteidigt. Sein Herausforderer Dragan Primorac, der von der regierenden Kroatischen Demokratischen Gemeinschaft (HDZ) nominiert wurde, konnte lediglich etwa 25 Prozent der Stimmen auf sich vereinen, was weit hinter den Erwartungen zurückblieb.
Der klare Sieg von Milanovic wird in Kroatien weniger als Niederlage für Primorac betrachtet, der im Wahlkampf oft als schwache und wenig beeindruckende Figur wahrgenommen wurde. Stattdessen wird das Ergebnis als eine klare Abfuhr für den mächtigen Premierminister Andrej Plenkovic und seine Partei angesehen.
In seiner Siegesansprache betonte Milanovic vor jubelnden Anhängern in einer Kulturfabrik in Zagreb, dass niemand eine Unterstützung von 70 Prozent oder mehr der Wähler hinter sich hat. Dies sei eine Botschaft des Volkes an alle, die es hören sollten, insbesondere an Plenkovic und seine Regierung.
Im Wahlkampf inszenierte sich Milanovic als der einzige ernsthafte Gegner des Premierministers. Er ignorierte weitgehend Primorac und stellte ihn als bloße Marionette dar, während er unermüdlich die Politik von Plenkovic kritisierte, die er als fehlerhaft und selbstherrlich empfand. Milanovic beschuldigte den Premierminister, Korruption und Nepotismus zu fördern und machte ihn für die wirtschaftlichen Schwierigkeiten in Kroatien verantwortlich, die dazu führten, dass viele Bürger in andere EU-Staaten auswanderten.
Seit 2016 im Amt, musste Plenkovic bereits dreißig Minister aufgrund von Korruptionsvorwürfen ersetzen. Dabei spielt die 2021 gegründete EU-Staatsanwaltschaft EPPO eine zunehmend wichtige Rolle, insbesondere durch eigene Ermittlungen und darauf basierende Festnahmen.
Ob Milanovics Sieg jedoch zu nennenswerten Veränderungen führen wird, bleibt fraglich. Plenkovic wurde erst im April 2024 erneut als Premierminister bestätigt, und seine Partei bleibt die stärkste politische Kraft im Land. Trotz aller Skandale scheint die Koalition seiner Regierung stabil zu sein.
Der Präsident hat in Kroatien jedoch nur begrenzte Einflussmöglichkeiten in der Innenpolitik. Er hat einige Zuständigkeiten in Bezug auf Nachrichtendienste und ein Mitspracherecht bei der Ernennung diplomatischer Vertreter. Eine zentrale Rolle spielt er allerdings nur in Verteidigungsfragen, da er Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist.
Als direkt gewählter Präsident hat Milanovic eine starke öffentliche Präsenz, die er oft nutzt. Mit geschickter Rhetorik mischt er sich in verschiedene politische Themen ein und tritt als unermüdlicher Kritiker der Regierung auf, wobei er deutlich Position bezieht. Er sieht sich selbst als die wahre Opposition im Land, zumindest in der Rhetorik.
In der Außenpolitik hat der Präsident mehr Einfluss, insbesondere in Verteidigungsfragen. Während des Wahlkampfs warf Milanovic Plenkovic vor, zu sehr auf Brüssel zu hören und die Interessen Kroatiens zu vernachlässigen. Dennoch präzisierte er nicht, welche nationalen Interessen seiner Ansicht nach besser geschützt werden sollten. Plenkovic wird als überzeugter Europäer und Unterstützer der NATO angesehen.
Obwohl Milanovic die Souveränität Kroatiens betont, ist er kein Gegner der EU. Er erinnert häufig daran, dass Kroatien 2013 während seiner Amtszeit als Regierungschef Mitglied wurde und die NATO-Mitgliedschaft nicht in Frage stellt. Er betont jedoch die Notwendigkeit, kroatische Interessen zu wahren und sieht Brüssel oft als Geldquelle an, auf die Kroatien Anspruch habe.
Im Kontext des Ukraine-Kriegs betont Milanovic die Souveränität Kroatiens und erklärt, dass der Konflikt nicht dessen Angelegenheit sei. Gleichzeitig macht er deutlich, dass Russland in seiner aktuellen Form kein Partner sein könne. Kroatische Soldaten sollten seiner Meinung nach nicht im Ukraine-Konflikt eingesetzt werden, auch nicht im Rahmen von NATO-Missionen.
Im Oktober 2024 lehnte Milanovic die Teilnahme kroatischer Offiziere an der neu gegründeten NATO-Mission zur Unterstützung der Ukraine ab, da er dies als Bedrohung für die nationalen Interessen Kroatiens ansieht. Gleichzeitig betont er, dass Kroatien weiterhin humanitäre Hilfe für die Ukraine leisten werde, da dieses Land das Opfer der russischen Aggression sei. Plenkovic hingegen möchte eine aktivere Rolle für Kroatien im Ukraine-Konflikt und hat Milanovic mehrfach aufgefordert, seine Blockade aufzugeben, bislang jedoch ohne Erfolg.
In Bezug auf die Nachbarländer gibt es wenig Differenzen zwischen Milanovic und Plenkovic. Beide setzen sich für die Stärkung der Rechte der Kroaten in Bosnien und Herzegowina ein und bedienen sich dabei nationalistischen Rhetorik. Die Beziehung zu Serbien hingegen bleibt distanziert, obgleich Serbien ein wichtiger Handelspartner Kroatiens ist. Beide Politiker betonen, dass eine engere Zusammenarbeit davon abhängt, in welche Richtung sich Serbien orientieren will - zur EU oder zu Russland.
Von Zoran Arbutina